Geschichte des Hauses

1700

Ursprünglich bestand die Gesamtanlage aus drei Gebäudeteilen. Jahreszahlen und Initialen am Hause, aber auch bauliche Auffälligkeiten deuten darauf hin, dass in den Jahren 1744, 1758 und 1778 Umbauten vorgenommen wurden. Zunftzeichen beweisen, dass hier schon in frühester Zeit eine Gerberei eingerichtet war.

 

Mit Sicherheit standen an dieser Stelle schon vor dem großen Brand von 1689 Gebäude, wie bei Sanierungsarbeiten ab 1995 festgestellt wurde, als die Tieferlegung des Kellerbodens einen zweiten Boden aus Steinplatten und versteinerte Fassböden aus dem frühen 16. Jahrhundert zum Vorschein brachte. Diese Restzeugen der ehemaligen Nutzung sind erhalten worden und einer Besichtigung zu besonderen Gelegenheiten zugänglich.

 

Die Initialen am Türsturz des Hauseinganges in der kleinen Ziegelgasse – GLS 1778 – zeigen an, dass der Rotgerber Georg Leonhard Schmoll im Jahre 1778 das Haus erheblich umgebaut hat. Zu dieser Zeit müssen ihm schon die Nebengebäude als eine Hauseinheit gehört haben, wie aus den ältesten Sinsheimer Stadtplänen ersichtlich ist.


1800

Sein Sohn Friedrich Wilhelm Schmoll wurde im Jahre 1811 als wohlhabender Rotgerber erster Oberbürgermeister der Stadt Sinsheim. Im Jahre 1821 fanden in diesen Gemäuern die entscheidenden Verhandlungen zur Verschmelzung der Lutheraner und der reformierten Kirche statt.

 

Maria Catharina Schmoll, Nichte des Oberbürgermeisters, heiratete 1815 den jungen Weinhändler Karl Christoph Gastroph aus Meisenheim, der einen umfangreichen Weinhandel betrieb. Von 1833 an war er Mitglied des Gemeinderats, ab 1841 Abgeordneter im badischen Landtag für den Wahlbezirk 33, Sinsheim. Nach Schmolls Tode im Jahre 1850 verkauften seine Töchter das Gerberhaus an ihren Meisenheimer Cousin Daniel Simon, der im Erdgeschoss ein Spezereiwarengeschäft eröffnete.


1900

Kurz vor seinem Tode am 19. März 1900 verkaufte Daniel Simon das Gerberhaus an seinen Nachbarn, den Bärenwirt Johann Friedrich Dörner, der im Gerberhaus einen Weinhandel betrieb. Im Sommer desselben Jahres ließ sein Schwiegersohn, der Werkmeister Christoph Wilhem Wießler, das Haus umbauen und verlegte den Haupteingang an die Ziegelgasse. Am Türsturz sind das Jahr dieses Umbaus und die Namen der Bauherren zu lesen. Auch die eiserne Wetterfahne auf dem Dachfirst ziert noch heute die Initialen D W ( Dörner/ Wießler ). Die steinerne Treppe an der Südseite wurde abgebrochen und an deren Stelle eine zweistöckige hölzerne Altane angebaut.

 

Nach dem Tod von Christoph Wilhelm Wießler am 21. Dezember 1940 wohnte die Witwe Sophie, geborene Dörner, zusammen mit ihrer ledigen Schwester Elise Dörner im ererbten elterlichen Hause.

 

Sophie Wießler starb am 18. März 1948 kinderlos, ihre Schwester einen Tag später. Danach wurde das Inventar öffentlich versteigert und das Haus ging in das Eigentum des Lokomotivführers Friedrich Henning über, anschließend an dessen Sohn. Bis 1993 fanden kaum noch Veränderungen am Haus statt. Ende der 80er Jahre wurden Dach und Fassade saniert, um die schlimmsten Schäden zu verhindern.

 

Das Gerberhaus wurde 1994/95 durch die Firma Stammer-Baugesellschaft mit dem Ziel übernommen, dieses historisch wertvolle Gebäude an exponierter Stelle im Sinsheimer Stadtbild von Grund auf zu sanieren. Wichtige Arbeiten wurden durchgeführt, doch Lothar Stammer durfte die Vollendung seines Traums nicht mehr erleben.


2000

Am 11. Januar 2010 verkaufte die Witwe Christa Stammer das Gerberhaus an den in Frankfurt a.M. tätigen Rechtsassessor Bertold Baur, der seit 1996 in Sinsheim ansässig ist. Nachdem die Restaurierungsarbeiten im September 2010 begonnen haben wird er gemeinsam mit Ulrike Finck im September 2011 hier ein Weinfachgeschäft mit Weinstube eröffnen.